Bewusstsein und Bewusstseinszentren

 

 

 

 

Wie gut kennen wir uns SELBST?

 

Auf wie vielen Bewusstseinsebenen sind wir unterwegs, ohne uns dessen "bewusst" zu sein?

 

Was ist Bewusstsein?

 

Bewusstes Sein?  

Sein, das sich seiner selbst bewusst ist – oder wird, denn es ist ja ein fortwährender Prozess?

Gewahr-Sein?

Eine besondere gedankliche, qualitativ besondere Leistung, wie es oft im Westen verstanden wird? 

 

Sri Aurobindo erforschte für mich detailliert wie kein anderer die Ebenen unseres Seins. Für ihn war es wichtig, dass wir uns dessen bewusst werden, eigene Beobachtungen dazu anstellen und Erfahrungen sammeln; ob diese nun genau mit den seinen übereinstimmen oder nicht.

Seine Erkenntnisse dazu sind im Verlauf der Sadhana eine große Hilfe, wenn es darum geht, herauszufinden, wo genau Probleme oder Widerstände ihren Ursprung haben und wie man ihnen wirksam begegnen kann. Andererseits sind sie Motivation, uns tatsächlich auf das Abenteuer einzulassen und die verschiedenen Ebenen zu erforschen, auf denen wir uns im Wachzustand als auch im Schlaf bewegen. Um letztendlich vielleicht herauszufinden, dass die Grenze zwischen beiden Zuständen als auch zum "Tod" fließender sind, als wir glauben;  wenn die fehlenden Verbindungsstücke unseres Bewusstseins wieder hergestellt sind. Eine Beobachtung, die man in Mutters Agenda gut beschrieben findet, denn das ist es, was tatsächlich stattfindet. 

 

Hier eine kurze, allgemeine Zusammenfassung von Sri Aurobindos Beobachtungen und Erkenntnissen zum Thema `Bewusstsein´:

 

Mentales Bewusstsein ist lediglich der menschliche Bereich, und er erschöpft all die möglichen Bereiche von Bewusstsein ebenso wenig, wie das menschliche Sehvermögen alle Stufen der Farbskala oder das menschliche Gehör alle Klangstufen erschöpfen können – denn es gibt viel darüber oder darunter, was für den Menschen nicht sichtbar oder hörbar ist.

Desgleichen gibt es Bewusstseinsbereiche oberhalb oder unterhalb des menschlichen Bewusstseins, mit denen der normale Mensch keinen Kontakt hat und die ihm aus diesem Grund unbewusst erscheinen. ...

Was wir Unbewusstheit nennen, ist schlicht anderes Bewusstsein ... Wir sind tatsächlich nicht unbewusster, wenn wir schlafen, unter Drogen stehen, betäubt oder "tot" sind oder uns in irgendeinem anderen Zustand befinden, als wenn wir in tiefe Gedanken versunken unser physisches Selbst und unsere Umgebung vergessen haben. Für jeden, der auch nur geringe Fortschritte im Yoga gemacht hat, ist dies eine elementare Voraussetzung.  ...

Je mehr wir der Seele in uns und in den Dingen bewusst werden, desto deutlicher erkennen wir, dass es in der Pflanze, im Metall, im Atom, in der Elektrizität, kurz in allem, was zur physischen Welt gehört, Bewusstsein gibt; wir entdecken darüber hinaus, dass es sich nicht wirklich in jeder Hinsicht um eine mindere oder begrenztere Form als die des Mentals handelt; im Gegenteil, in vielen "leblosen" Formen ist es intensiver, rascher und schärfer, obwohl es dabei weniger zur Oberfläche hin entwickelt ist."

 

 

Die Bewusstseinszentren oder Chakren

(Anklicken zum vergrößern)

Diese Zentren befinden sich in der Mitte des Körpers und man ordnet sie der Wirbelsäule entlang an. In Wirklichkeit jedoch befinden sich alle diese Dinge im feinstofflichen Körper, in einer anderen Dimension. Ihr Scheitelpunkt liegt an der Wirbelsäule, die Basis vorne am Brustbein. (Es gibt noch weitere, kleinere Zentren, aber es würde zu weit führen, hier auf alle einzugehen.)

Der tausendblättrige Lotus als Symbol der leuchtenden Fülle, die man wahrnimmt, wenn er sich öffnet, liegt über dem Körper: "Nach Sri Aurobindo und nach der Erfahrung vieler anderer ist das, was man auf der Höhe des Scheitels spürt, nicht das betreffende Zentrum selbst, sondern eine leuchtende Reflexion der solaren Quelle über dem Kopf." (Fußnote von Satprem, Lit. s. unten.)

Diese Zentren des inneren Bewusstseins sind im "durchschnittlichen Menschen" sehr wenig aktiv und kaum geöffnet. "Die meisten leben hauptsächlich im äußeren Bewusstsein.  Erst durch ihre Öffnung entwickelt sich das yogische oder innere Bewusstsein" , Sri Aurobindo.  

Wenn es erwacht, kann man jedoch ein intensives Gefühl haben, als würden sie im physischen Körper wirken. Einige davon liegen tatsächlich in der Nähe eines Nervenplexus.  

"Die Zentren öffnen sich unter dem Druck der Sadhana. Man kann sagen, dass die Kraft in ein Zentrum herabkommt oder aufsteigt."

 

 

Zwei Richtungen

 

Sri Aurobindo: Das mūlādhāra, von dem sich die Kundalini erhebt, befindet sich wie die übrigen Zentren nicht im physischen, sondern im feinstofflichen Körper (in diesen feinstofflichen Körper geht das Wesen in tiefer Entrückung ein oder endgültig bei Eintritt des Todes).

Praktiziert man die traditionellen Methoden des Yoga, steigt diese schlangenartige Kraft in einer wellenförmigen Bewegung nach oben bis zum Scheitel. Dabei kann sie auf der jeweiligen Ebene das entsprechenden Zentrum sehr gewaltsam durchbrechen. Bedenken wir, dass jedes Chakra mit den entsprechenden globalen Energien und Schwingungen verbunden ist, die damit korrespondieren, versteht man die Problematik: Das gesamte Wesen wird zusätzlich zu den eigenen zu läuternden Themen zusätzlich mit einem großen Anteil des globalen Morasts überschwemmt. Nicht selten wird dabei die Psyche so sehr belastet, dass die Menschen das nicht verkraften und in der Psychiatrie landen. Sie haben Glück, wenn sie dann an bewusste Therapeuten gelangen, die ihre Empfindungen richtig als spirituelle Krise erkennen. 

 

Im Integralen Yoga werden alle Zentren auf umgekehrtem Weg erschlossen, nämlich von oben nach unten: Die allgemeine Regel in diesem Yoga (für die Reihenfolge der sich öffnenden Zentren) ist von oben nach unten. Im vorbereitenden Stadium mag es Unterschiede geben. Es kann zum Beispiel zuerst ein teilweises Sich-Öffnen im Herzzentrum stattfinden. Auch das höhere vitale Zentrum kann als erstes aktiv werden, doch das bedeutet viel Kampf und Schwierigkeit. 

 

Die meisten Schwierigkeiten rühren vom Vital und vom Physischen her, in dem sich die Emotionen und Begierden verbergen, also auch alle negativen Regungen wie Hass, Ehrgeiz, Gier, Neid, Geltungssucht, Besitzstreben, Süchte, etc. Und die Zentren dafür liegen im unteren Bereich unseres Wesens. Dazu kommen die unterbewussten Anteile, die sich jederzeit über diese Zentren zusätzlich erheben und ins Bewusstsein aufsteigen können, immer einen Teil der globalen Entsprechungen im Schlepptau. Denn, wie schon oft erwähnt, macht man diesen Yoga nicht für sich allein, sondern nimmt dabei die Läuterung eines in Resonanz gehenden Anteils globaler Schwingungen und Probleme auf sich. Letztendlich muss das ganze irdische Milieu geklärt und transformiert werden, um irgendwann eine göttliche Wohnstatt zu sein – die sehnlichst erwartete Neue Erde.   

 

Ist über die oberen lichten Bereiche der Friede begründet und die Verbindung zwischen Supramental und seelischem Wesen geschlossen, wird man den Yoga sicher und mit weniger Erschütterungen durchschreiten. Er verlangt ohnehin mehr von uns als jeder andere herkömmliche spirituelle Pfad. Deshalb wird empfohlen, sich auf die höheren mentalen Bereiche über uns und/oder das spirituelle Herzzentrum tief in unserem Inneren zu konzentrieren. Von dort erhalten wir die nötige Führung. 

 

 

Das Universelle und das Individuelle

 

In erster Linie geht es darum, dass wir uns auf uns selbst konzentrieren. Sri Aurobindo nannte die Konzentration auf das eigene Voranschreiten gesunden Menschenverstand. Die Gründe liegen auf der Hand: Was wir in uns selbst bemeistert haben, hat auch einen Teil des globalen Morasts geklärt. Trotzdem ist es dabei von Vorteil, durch Selbstbeobachtung nicht nur die eigenen Themen und Problemfelder zu erkennen, die in ihrer alleinigen Auswirkung vergleichsweise harmlos sind, sondern sich eben dieser universellen Energien bewusst zu werden, in denen wir regelrecht baden. Und zwar in dem Moment, in dem sie versuchen, in unser kleines Sein einzutreten, um sie augenblicklich zurückzuweisen, bevor sie sich in uns breitmachen und uns korrumpieren. Sie sind da, sie beherrschen dieses irdische Milieu, und sie versuchen, sich über uns Menschen auszuleben. 

Sie kommen tatsächlich von außen. Seien es nun mentale Energien in Form von Gedanken, oder vitale Energien, die plötzlich in uns selbst aufzusteigen scheinen als z.B. Argwohn, Misstrauen, Ängste, aber auch als Prahlsucht, ein aggressives "Helfersyndrom" u.a. Der Auslöser sind nicht Ereignisse im Außen, sondern wie wir darauf reagieren. Diese Dinge passieren ohnehin, und es kommt darauf an, wie wir damit umgehen.

 

Satprem drückte es treffend aus: "Unser Wesen ist vom Scheitel bis zur Sohle Empfangsstation." Und das meiste von dem, was wir oft recht theatralisch als meine Gefühle, meine Gedanken, meine Wahrnehmung bezeichnen, ist mehr oder weniger (je nach Voranschreiten des Einzelnen) der Output über das Gehirn; ein rein physisches Instrument, das die Gewohnheit bedient, alles in Worte zu übertragen und im Schulterschluss mit der vitalen Theatralik erst so richtig in unser alltägliches Bewusstsein zu bringen. Jeder kennt zum Beispiel die Selbstgespräche, wenn unsere Gefühle ob einer erlittenen Ungerechtigkeit in uns hochwallen. Erliegen wie diesen Einflüssen von außen und glauben wir ihnen, hat das zuweilen verheerende Folgen für die Psyche. Haben wir jedoch im Laufe der spirituellen Praxis ein gewissen Maß an gedanklicher Stille erreicht, fällt diese Verstärkung weg und das Andocken der universellen Einflüsse geht `überraschenderweise´ zurück. Alles wird erträglicher und wir stellen plötzlich fest, dass es die Gewohnheit unseres Egos ist, das immer wieder versucht, seine Dramen am Leben zu erhalten und sich daran zu ergötzen. Das kann man gut beobachten an der momentanen "Empörkultur" ob der globalen und nationalen Ereignisse. Oder an gewissen salbungsvollen Gegenströmungen, die von sich selbst annehmen, da ganz anders zu sein, wenn sie sich in die abgeschotteten Herzchenoasen flüchten. Und nicht merken, wie sie sich in den Kommentaren unter den Nachrichten derselben Herzlosigkeit schuldig machen, die sie den Protagonisten vorwerfen.  

 

 

Das Ego kann man wie ein Haustier an seinen Platz verweisen

 

Es muss nicht unbedingt sterben, es kann sich fügen und wandeln und in den Dienst des Göttlichen stellen.

So kann Wut einen spontanen Zuwachs an Lebensenergie bedeuten, was durchaus sinnvoll ist, wenn jemand direkt unser Leben bedroht. Aber bei mangelnder Bemeisterung in einer vergleichsweise harmloseren Situation kann sie verheerende Handlungen und Gegenreaktionen in uns auslösen, die der erlittenen `Ungeheuerlichkeit´ in nichts nachstehen. Was das Ego dann nicht selten auch noch als gerechtfertigt  entschuldigt. 

Angst kann uns in einer unangebrachten Schockstarre verharren lassen, statt uns aus einer bedrohlichen oder leidvollen Situation zu befreien. Sie kann uns aber auch davon abhalten, uns kopflos in Gefahr zu begeben oder uns in wenig überschaubare Situationen zu stürzen.

Prahlerei wird sehr gern mit dem Erscheinen einer entsprechend schmachvollen Situation oder eines ungehobelten Gesellen beantwortet, die uns den Spiegel vorhalten und unser überschießendes Ego wieder in seine Schranken weisen. Dafür sorgen die universellen Kräfte mit Vorliebe bei jenen, die sich darum bemühen, aus diesem Kreislauf auszubrechen. 

Eine besonnene, gelassene Haltung, so gut man es eben hinbekommt, ist fast immer die bessere Wahl, um effektiv und zum Wohl aller Beteiligten zu sprechen und zu handeln.   

 

Wir alle sind geprägt durch die Umstände, in die wir hineingeboren werden und durch die wir unsere erste Prägung erfahren. Und durch das genetische Erbe unserer Ahnenreihe, das von Geburt an gewisse Dispositionen in uns erschaffen hat. Die universelle Natur legt bestimmte Gewohnheiten an innerer Bewegung, an Persönlichkeit, an Charakter, an Fähigkeiten, Anlage und Neigungen in uns an, und das bezeichnen wir dann als uns selbst. (Sri Aurobindo)

Wobei sich unsere Themen und Glaubenssätze mit den Jahren verfestigen durch die permanente Wiederholung dieser Einflüsse und unsere Reaktion darauf. Was von alledem ist also wirklich "ich" oder "mein"? Unsere Oberflächenperson, die für gewöhnlich im Alltag agiert, ist nur ein verschwindend kleiner Teil von Bewusstsein innerhalb dieses universellen Bewusstseinsfeldes und der darin agierenden universellen Kräfte, vom höchsten Überbewussten bis hinunter zum Unterbewussten. Die Übergänge sind in Wirklichkeit fließend und in permanenter Bewegung: "Ohne Mühe bewegt sich eine Welt in der anderen" - Rig Veda, II.24.5. 

Wo genau siedelt man nun das Thema "Schuld" an, wenn man um all diese Gesetzmäßigkeiten weiß ...? 

 

Es ist Aufgabe und Ergebnis dieses Yoga, vom rein Geistigen bis hinunter in die `materiellste´ Ebene, sich dieser Übergänge wieder bewusst und mit ihnen eins zu werden. Dann wird es die Zustände Wachheit, Schlaf und Tod, die wir momentan noch scharf voneinander abgrenzen,  so nicht mehr geben; nur noch fließendes, sich weiter entwickelndes ewiges bewusst-Sein, unter Beibehaltung unserer seelischen Individualität in einem individuellen vergöttlichten Körper. Denn der ewige Regent von all dem ist die Seele, das durch die Äonen der Evolution individuell gefärbte seelische Wesen in uns. Es ist DAS, was wir wirklich SIND.  

 

 

Der beste Weg, für den Fortschritt der Menschheit etwas zu tun, ist schließlich der, selbst voranzuschreiten. Das mag individualistisch oder egoistisch klingen, ist es aber nicht, es ist nur gesunder Menschenverstand.  

 

Sri Aurobindo

 

 

 

 

Zugrundeliegende und empfehlenswerte Literatur dazu:

・Briefe über den Yoga, Sri Aurobindo

・Sri Aurobindo oder das Abenteuer des Bewusstseins, Satprem

 

 

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